1 – Hintergrund
AIS (Automatic Identification System; auf Deutsch: Automatisches Identifikationssystem) ist heute eine der meist verbreiteten und wichtigsten Navigationstechnologien seit der Einführung des Radars. Das System wurde ursprünglich zur Vermeidung von Kollisionen entwickelt. So sollte es Handelsschiffen ermöglichen, sich unter allen Bedingungen deutlicher zu “orten” und die Informationen des Steuermanns über seine Umgebung zu verbessern.
AIS tut dies, indem es die Schiffsidentität, seine Position, Geschwindigkeit und den Kurs sowie andere relevante Informationen an alle anderen AIS-ausgerüsteten Schiffe in Reichweite übermittelt. In Kombination mit einer Uferstation können Hafenbehörden und Sicherheitsbehörden den Seeverkehr steuern und die Gefahren verringern.
Aufgrund der großen Vorteile von AIS, wurde 2002 weltweit für alle Schiffe von mehr als 300 Brutto-Tonnen oder mehr als 12 Passagieren der Einbau eines Transponders der Klasse A vorgeschrieben. Für kleinere Schiffe außerhalb des Mandats wurde ein Transponder der Klasse B definiert. Der ermöglichte es den Fischerei- und Freizeitschiffen, einen preiswerteren Transponder zu verwenden. Dieser arbeitet auf dem gleichen AIS-Netzwerk und kann Signale an die Klasse A empfangen und übertragen.
AIS-Transponder sind heute häufig auf vielen Freizeitschiffen vorzufinden. Mit der Zulassung von persönlichen AIS SARTs für den Einsatz als Mann-über-Bord-Systeme wird AIS zu einem enorm wichtigen Bestandteil des Global Maritime Distress and Safety System (GMDSS).
Eine weitere neue AIS-Anwendung ist die Schiffsverfolgung mit Websites wie Marine Traffic, Vesselfinder und AISLive. Diese können Tausende von AIS-Zielen aus ihren UIS-Empfangsnetzen sammeln und anzeigen. Außerdem haben sie globalen Satellitenempfang über Orbcomm, exactEarth und Spacequest.
Viele nationale Schifffahrtsbehörden haben spezielle Transponder für Navigationshilfen (AtoN) installiert. Diese ersetzen herkömmliche Bojen und können lokale Wetter- und Gezeiteninformationen an vorbeifahrende Schiffe übermitteln. Dahingegen nutzen Häfen und wichtige Schifffahrtsgebiete AIS als Teil ihrer Vessel Traffic Services (VTS). Also, um Schiffsbewegungen zu steuern und zu kontrollieren.
Es ist dieser kontinuierliche Ausbau des globalen AIS-Netzwerkes, der zur Zulassung einer neuen Technologie der Klasse B geführt hat. Diese neue Klasse liegt auf halbem Weg zwischen der ursprünglichen Technologie der Klasse B und der Klasse A-Technologie für den kommerziellen Gebrauch. Diese neue Technologie ersetzt jedoch nicht die ursprünglichen Transponder der Klasse B. Trotzdem bietet es für einige Arten von Schiffen und Anwendungen deutliche Verbesserungen. Für dieses Weißbuch werden wir diese neue Technologie als Klasse B + bezeichnen.
2 – Wie AIS funktioniert
Um die Vorteile dieser neuen B +-Technologie der Klasse B + voll zu verstehen, sollte man wissen, wie AIS funktioniert.
Ein AIS-Transponder besteht aus einem GPS-Empfänger und einem UKW-Radio. Der Transponder nimmt seine GPS-Position ein. Dann überträgt er diese in digitaler Form auf zwei UKW-Kanälen, die AIS gewidmet sind (161.975MHz und 162.025MHz).
Damit mehrere AIS-Transponder zusammenarbeiten und vermeiden können, dass alle Geräte gleichzeitig übertragen werden, verwenden AIS-Transponder ein System namens Time Division Multiple Access (TDMA). Ansonsten könnte es zu Störungen und Datenverlusten kommen. Es handelt sich um ein ähnliches System wie bei Mobiltelefonen. Jeder AIS-Transponder beansprucht ein sehr kurzes 26,6 Millisekunden-Zeitfenster, in dem er seine Informationen übermittelt. AIS-Transponder der Klasse A verwenden daher ein System namens “Self-Organising Time Division Multiple Access” (SOTDMA). Dabei wissen mehrere Transponder automatisch, wie sie Slots beanspruchen und reservieren können. Aber auch, wie sie sich organisieren, wenn ein anderer Transponder versucht denselben Slot zu beanspruchen.
Das System funktioniert gut und ermöglicht es fast 4500 Schiffen, in unmittelbarer Nähe zueinander zu arbeiten. Dabei wird automatisch nach der Entfernung priorisiert. Das bedeutet, dass mit zunehmender Anzahl von Schiffen die weiter entfernten Schiffe kein Zeitfenster erhalten .
Als man die Transponder der Klasse B einführte, benutzten sie eine etwas andere Technologie. Diese nennt sich “Carrier Sense” TDMA. Dabei hört der Transponder der Klasse B auf die Transponder der Klasse A. Sobald er einen leeren Zeitschlitz erkennt, ergreift er ihn und macht seine Übertragung. Manchmal “stiehlt” ein AIS-Klasse-A-Transponder einen Slot von einem AIS-Klasse-B-Transponder. Denn das System ist so ausgelegt, dass AIS Klasse-A-Transponder immer Vorrang vor AIS Klasse-B-Transpondern haben. Somit muss der AIS Klasse-B-Transponder seine Übertragung verzögern. Er muss dann den Empfang neu starten, wenn ein anderer Slot frei ist.
Die Anzahl der Übertragungen, die ein Transponder macht, und die Art der Daten, die er sendet, variieren. Diese richten sich nach seiner Klasse (A oder B), seiner Geschwindigkeit, ob er manövriert und seinen Navigationsstatus. Der Transponder der Klasse A einer schnelllebigen Fähre kann alle paar Sekunden seine Position ausstellen. Dagegen kann ein ausgerüstetes Vergnügungsschiff der Klasse B nur alle 30 Sekunden im laufenden Betrieb senden.
Wie bereits erwähnt, werden die AIS-Daten über zwei Kanäle des UKW-Frequenzbereichs übertragen. Ein Transponder der Klasse A überträgt sich auf 12,5 Watt. Dahingegen überträgt ein Originaltransponder der Klasse B nur mit 2 Watt. Dies beträgt – um es zu relativieren – ein Drittel des Powers eines handgehaltenen UKW, der bei 6 Watt überträgt.
Diese 2 Watt-Übertragungsleistung beschränkt die Übertragungen der Klasse B auf einen absoluten Maximalbereich von etwa 8-10 Seemeilen. Es bedeutet auch, dass herkömmliche Übertragungen der Klasse B oft nicht von den AIS-Satelliten empfangen werden, welche eine globale Schiffsverfolgung ermöglichen.
3 – Die neue Klasse B + Technologie
Die neue Klasse B +, oft als “Klasse B SOTDMA” oder “Klasse B 5W” bezeichnet, soll die Lücke zwischen Transpondern der Klasse A und Klasse B überbrücken. Sie bietet klare Vorteile für einige Arten von Schiffen und Anwendungen.
Die Klasse B SOTDMA nutzt die gleiche Technologie wie die Klasse A. Daher hat sie die gleiche Priorität, wenn es darum geht, einen Zeitschlitz zu reservieren. So garantiert sie, dass sie auch in stark bewachsenen Gewässern immer in der Lage ist, zu übertragen. Für schnell bewegliche Schiffe ist dies wichtig, da ein verpasstes Getriebe dazu führen kann, dass ein Schiff eine lange Strecke zurücklegt, bevor es die Übertragung senden kann.
Ein weiteres Merkmal, das die neue Technologie der Klasse B + aus der Klasse A übernommen hat, ist das erhöhte und automatische Umsetzen der Übertragungsraten je nach Geschwindigkeit. Im Gegensatz zur Klasse A ist die Aktualisierungsrate davon unberührt, ob das Schiff manövriert. Aber mit zunehmender Geschwindigkeit der Schiffe steigt die Zahl der Getriebe. Dadurch erhalten andere Schiffe eine klarere und aktuellere Sicht auf den Standort des Bootes.
Für langsam bewegte Schiffe sind die erhöhten Aktualisierungsraten der Klasse B + nicht so wichtig. Jedoch bewegt sich ein Schnellboot, das mit etwa 23 Knoten unterwegs ist, in 30 Sekunden um 360 Meter. Das wäre die Aktualisierungsrate eines normalen Transponders der Klasse B. Auf einem Schiff der Klasse B +, das mit 23 Knoten oder mehr unterwegs ist, beträgt die Aktualisierungsrate 5 Sekunden. Damit würde (mit dem obigen Beispiel) es nur 60 Meter zwischen den Updates bewegt.
Schließlich senden die AIS-Transponder der Klasse B+ mit 5 Watt Leistung statt mit 2 Watt. Das erhöht nicht nur die Reichweite, sondern verbessert auch deutlich den Empfang durch AIS-Satelliten und eine weltweite Verfolgung.
4 – Vergleich der AIS-Klassen
Die folgenden Tabellen wurden erstellt, um einen Vergleich der drei verschiedenen Klassen von AIS zu liefern.
Klasse A, B und B + Funktionalität
Funktion | Klasse A | Klass B+ | Klass B |
Übertragungskraft | 12.5W | 5W | 2W |
Übertragungsrate | Bis zu 2-3 Sek. | Bis zu 5 Sek. | Alle 30 Sek. |
Minimaltastatur + Display (MKD) | JA | NEIN | NEIN |
Technologie | SOTDMA | SOTDMA | CSTDMA |
Garantierte Zeit-Slot-Zuweisung | JA | JA | NEIN |
Schiffsdaten | JA | NEIN | NEIN |
Externe GPS-Verbindung | JA | NEIN | NEIN |
Preis (ca.) | 3000 € | 700 € | 500 € |
Wie die obige Tabelle zeigt, sendet ein AIS-Klasse-A-Transponder im Normalbetrieb mit einer viel höheren Leistung als ein AIS-Klasse-B-Transponder. Tatsächlich sollte ein ordnungsgemäß installierter AIS-Transponder der Klasse B in der Lage sein, bis zu 7-8 Seemeilen weit zu senden. Dahingegen kann ein AIS-Transponder der Klasse A in einer Entfernung von bis zu 20-25 Seemeilen gesehen werden. Bei einer Leistung von 5 W wird ein AIS-Transponder der Klasse B SOTDMA in der Regel in einer Entfernung von bis zu 10-12 nautischen Meilen gesehen.
Wie in der folgenden Tabelle dargestellt, senden AIS-Klasse-B- und B+-Transponder die gleichen Daten wie AIS-Klasse-A-Transponder.
Klasse A, B und B + übertragene Daten
Datenübertragung | Klass A | Klass B und B+ |
MMSI + Vessel Name + Rufzeichen | JA | JA |
Position + COG + SOG | JA | JA |
Richtiger Kurs | JA | JA |
Drehgeschwindigkeit | JA | NEIN |
Navigations- Status | JA | NEIN |
IMO-Nummer | JA | NEIN |
Schiffstyp | JA | JA |
Schiffsgröße | JA | JA |
ETA + Bestimmungsort + Entwurf | NEIN | NEIN |
Schließlich zeigt die folgende Tabelle die unterschiedlichen Übertragungsraten der verschiedenen AIS-Klassen. Wie Sie sehen, haben AIS-Klasse-A-Transponder mehrere Übertragungsraten, die auf Geschwindigkeit, Manövern und Navigationsstatus basieren. Die Übertragungsrate von AIS-Klasse B + basiert nur auf der Geschwindigkeit.
Beim Vergleich von AIS Klasse B und AIS Klasse B SOTDMA ist zu erkennen, dass die Übertragungsrate bei AIS Klasse B+ verbessert wurde. Für jedes Schiff, das schneller als 15 Knoten fährt, sind die höheren Übertragungsraten, die AIS-Transponder der Klasse B+ bieten, ein wesentlicher Vorteil. Das gilt auch insbesondere für Schiffe, die schneller als 23 Knoten fahren können,
Klasse A, B und B + Transmitpreise
Dynamische Bedingungen des Schiffes | Klass A | Klass B+ | Klass B |
Schiff vor Anker oder festgemacht | 3 min. | 3 min. | 3 min. |
SOG 0-2 Knoten | 10 sek. | 3 min. | 3 min. |
SOG 2-14 Knoten | 10 sek. | 30 sek. | 30 sek. |
SOG 2-14 Knoten und Kurswechsel | 3.3 sek. | 30 sek. | 30 sek. |
SOG 14-23 Knoten | 6 sek. | 15 sek. | 30 sek. |
SOG 14-23 Knoten und Kurswechsel | 2 sek. | 15 sek. | 30 sek. |
SOG > 23 Knoten | 2 sek. | 5 sek. | 30 sek. |
Schiffsstatische Informationen | 6 min. | 6 min. | 6 min. |
5 – Nützliche Links
Wenn dieses Weißbuch der Klasse B SOTDMA Sie ermutigt hat, mehr über AIS zu erfahren oder sogar ein AIS-System für Ihr Boot zu kaufen, dann sollten die folgenden Links von Interesse sein …
- Die Website von Digital Yacht, auf der Sie die neuesten Informationen zu unseren AIS-Produkten finden.
- Alle Informationen über AIS Website für weitere Informationen zu AIS-Systemen
- Wikipedia-Artikel über AIS
- IMO-Website, die die globalen Beförderungsanforderungen von AIS beschreibt
- Website der US-Küstenwache auf AIS
- Maritime Traffic Website führenden Online-AIS-Website